Texte und Metaphysik

Sonntag, 22. Mai 2005

Seiend-Struktur als sichtbarendes Werden?

Das Sein des Seienden sichtbart sich nicht selbst. Erklärend helfen nicht die Wörter „Hintergrund vs. Vordergrund“, welche nahe liegen würden, wenn etwas sichtbar und ein anderes unsichtbar ist. Das Werden ‚agiert’ nicht im Hintergrund, da es beides zugleich ist, „Hintergrund und Vordergrund“ – in eins gedacht (um doch mit diesen Wörtern ein Bild zu schaffen!).
Denke man an die Kraft, die manchen Menschen zur vollen Verfügung steht, auch sehr schwierige Vorhaben durchzubringen. Diese Menschen erscheinen ‚besonders’, weil sie Werke umsetzen und intensiver ‚leben’ als andere. Was zeichnet diese Menschen aus? Woher kommt diese Kraft, die ihnen diese besondere Ausstrahlung verleiht? Es ist eine bestimmte Kraft, die sich gründend zeigt und begründend diese Menschen treibt. Diese Kraft ist nicht als „einmaliges Feuern“ zu verstehen, sondern sie wirkt durchgängig, sie ist anwesend und begründend zugleich. Die Art und Weise, wie sich diese Kraft durchsetzen kann, bestimmt wie etwas erscheint. (Z.B. erscheint etwas/ein Vorhaben schwach oder stark, dauerhaft oder wechselhaft, punktuell oder gestreut?) Hier kann sich jeder selbst fragen und für sich beantworten, inwieweit die gründende Kraft bei ihm selbst durchkommt, inwieweit er sie durch- und wirken lässt. Durch Filter der Erziehung und Erfahrungen werden die Möglichkeiten, dass sich die Kraft in aller Hinsicht entfalten kann, eingeschränkt. So kann es sein, dass sich die Kraft nur in kleinen Fitzelchen sichtbaren kann. Das Werden ist kanalisiert und wird beschränkt. Auch, wenn es mit voller Wucht da ist, wie in Allem, wird es nur an manchen Stellen ‚durchgelassen’. Vielleicht steht die Anzahl dieser ‚durchlässigen Stellen’ in Relation zu unseren ‚Einstellungen’ und dadurch geschaffenen Vorurteilen.
Menschen, die das Werden des Werdenden zulassen, haben reich davon, da ihnen mehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Der Reichtum eines Menschen ist also ein Zeichen dafür, wie groß seine Fähigkeit ist, das Werden wirken zu lassen.

antje k. struktur des seins
(A. Köster)

Das Wesen des Wesenden lässt sich durch die Art und Weise ausmachen, wie sich das Werden durchsetzt bzw. entfaltet. Die Art und Weise lässt sich strukturell ausmachen. Durch die Struktur des Erscheinenden, wird die Kraft (das Werden) sichtbar, die es antreibt. Denn das Durchscheinen des Seins des Seienden der Dinge als das Werden zeigt sich, wenn etwas auf gleiche oder ähnliche Weise wird. Es geht nicht um das Einzelne, das wird und wie es wird, sondern um das allem Werden Gemeinsame, welches in allem anwest.

Weg(e)

dscf0019
"Den Weg, den du vor dir hast, kennt keiner. Nie ist ihn einer so gegangen wie du ihn gehen wirst. Es ist dein Weg. Unauswechselbar. Du kannst dir Rat holen, aber entscheiden musst du.
Hör auf die Stimme deines inneren Lehrers. Gott* hat dich nicht allein gelassen, er redet ihn deinen Gedanken zu dir. Vertraue ihm und dir."
(Aus einem Kalender.)
*Def. siehe ältere Beiträge! (... Sein.... :-)

Dienstag, 17. Mai 2005

II Zum Werden möcht’ ich sagen: Verweile doch ...

Wir gebrauchen Sprache so, wie es uns am besten passt: Das Wort „Werden“ lässt Assoziationen zu, die etwas mit Zukunft zu tun haben, mit einem „Noch-Nicht“, auf das wir gespannt warten können und dürfen. Ersetzen wir das Wort durch „sterben“ oder „verwesen“, dann entstehen völlig andere Bilder. Gemeint ist aber das Selbe! Das Leben ist immer zum Sterben hin, von daher ist es ab der Geburt letztlich auch schon ein Sterben, welches nur nicht von der Bedeutung her dem medizinischen Gebrauch entspricht.
augenblick festhalten 17.5

Das Sterben ‚anzuhalten’, zumindest es zu vergessen, ist ein Anliegen des Menschen, um welches er sich mit größtem Aufwand kümmert. Als reflektierendes und prognostizierendes Wesen sind wir der Zeit ausgeliefert und erleben den Fluss in dem wir sterbend treiben bewusst mit. Starr den Blick auf das Ufer haltend können wir Gleichbleibendes ausmachen, zum Beispiel einen Baum, an dem wir vorüber treiben. Das ist natürlich eine Wahrnehmungsschwäche, denn es ist allein die gewollte Perspektive, die uns diese Täuschung erlaubt: Einen Moment Ruhe haben vor der ständigen Änderung des eben noch Gewesenen!

„In“ der Sprache können wir innehalten. Zum einen ermöglicht uns die Form des Gedichts uns in dem uns möglichen Jetztgefühl natürlich aufzuhalten (siehe Text unten), da die Gedichtform dem 3-Sekunden-Gesetz entspricht, welches unser „Bewusstsein“ bestimmt und uns damit die Erfahrung des Augenblicks gewährt.
Zudem erlaubt die Sprache ein Lauschen des Ewigen. Das Gebrauchen der Sprache ist das Sprechen, das Sein der Sprache erfahren ist das Schweigen oder die Sage. Das Sagen und Schweigen können wir nur denkend hören. „Indem wir nur die einzelnen Worte beglotzen, sehen wir niemals das, auf das sie verweisen, gelangen wir nie und nimmer in die Helle ihres Sagens.“ W. Schmid: Totzeit, S. 74

Das Innehalten im Augenblick wird möglich, wenn wir das Wesen des Werdens erfahren; das Wesen des Werdens sprachlich denkend erfassen. Gleichzeitig wird das Erfahren des Bleibenden aber auch nur erst durch das Loslassen möglich. Dieser Widerspruch ist es, den wir als Widerstand erfahren und den es zu durchdringen und zu überwinden gilt.

Donnerstag, 12. Mai 2005

Auf der Suche nach dem Sein des Seienden 1

Seiendes gibt’s nicht? Gibt’s nicht! Macht nichts!
Seiendes wandelt sich. Und auch die Wahrnehmung befindet sich im stetigen Wandel, mit der sich veränderndes Seiendes erfasst wird. So sind wir als Wahrnehmende vor ein zweifaches Problem gestellt, sollen und wollen wir eine Aussage darüber machen, was ist. „Was ist“ meint hier das, was wahr ist, also wesentlich immer da ist – also ohne Wandel.

Alles, was mit den Sinnen wahrnehmbar ist, ist immer nur im Wandel da. Das so Daseiende ändert sich und ist in diesem Moment anders als im nächsten und im nächsten anders als im Vorangegangenen. Deshalb ‚ist’ das sinnlich Wahrnehmbare nicht. Wir können nur meinen, etwas sinnlich in seinem 'ist' zu erfassen. Aber das, was wir mit „das ist“ bezeichnen, ist und meint bloß Kommendes und Gehendes. Es gibt doch nichts, was ruht und bleibt und damit ohne Bewegung ist. Wenn sich alles ständig bewegt (wie die Jahreszeiten uns auch als Symbol für alles Aufgehen und Weggehen, Wiederkehren zeigen), gibt es kein bleibendes Seiendes und damit auch kein „es ist“.

Aber es gilt doch „dies ist ein Mensch“. Dieser ist ein Mensch, weil er Merkmale eines Menschen hat (z.B. den Verstand; siehe Fußnote, Zitat). Dadurch, dass er diese aufweist, ist er als Mensch bestimmt.
„Dieser Mensch ist.“ Dieser anders lautende Satz ist nach der Feststellung ständiger Bewegung nicht gültig und bringt zugleich erst die Frage auf nach dem, was den Menschen in seinem ‚ist’ ausmacht. Der Mensch wird geboren, geht zum Sterben hin und stirbt usw. Der Mensch kann also nur werden. Wenn der Mensch nur werden kann, dann kann er nicht sein, er ist vom „Ist“ ausgeschlossen.

Dieses Kommen und Gehen ist in dem Begriff WERDEN gesammelt bezeichnet. Das Werden erfasst Kommendes und Gewesenes, weil in ihm die Bewegung in beide Richtungen ausgedrückt ist. Etwas, das erscheint, erscheint kommend und gehend, es steht nicht fest und ‚ist’ einfach. Etwas, das aus dem Nichts entsteht und wächst, wird. Auch wenn etwas vergeht, ist es im Werden erfasst, da es zu etwas nicht (mehr) Seienden wird. „Kommen und Gehen“ ist im Werden in seinem „Ist“ erfasst.
Was gibt es, das den Dingen eigen ist, was selbst weder kommt oder vergeht? Das ist das Werden selbst, in seinem Wesen gedacht. Das Wesen des Werdens kann nur geistig gedacht werden. Das Wesen des Werdens ist das Sein.


Das physische Seiende erhält sein Seiend vom Werden. [...] Das Seiende also i s t nicht, sondern: das Seiende wird.
Wolfgang Schmid: Totzeit. Wuppertal; Kastellaun; Ratingen: Aloys Henn, 1968, S. 67

„Das Seiende ist das, was ist. Das Wassein bezeichnete die Philosophie bislang noch mit einem anderen Wort, nämlich mit: Wesen. Der Mensch ist. Demzufolge ist der Mensch ein Seiendes. Stellen wir die Frage: der Mensch, was ist das?, so fragt diese Frage schon über eines hinweg: über das Seiende oder anders gesagt: über das ‚ist’. Sie fragt sofort nach dem, was dieses Seiende ist, das da Mensch ist. Sie fragt nicht nach dem Seienden als solchen. Sie fragt nach dem, was ein Seiendes zu einem bestimmten Seienden macht; z.B. was einen Menschen als Mensch ausmacht. Sie fragt nach dem Menschsein; die Betonung liegt auf Mensch, nicht aber auf dem Sein. Die Antwort auf eine solche Frage lautet in unserem Beispiel: der Mensch ist das vernunftbegabte Lebewesen. Diese Aussage bestimmt das Seiende Mensch und grenzt es durch diese Bestimmung von allen anderen Seienden ab. Das Menschsein eint jegliche Seiende Mensch und vereint im Menschsein. Das Menschsein bestimmt, ob ein Seiendes Mensch ist oder nicht und grenzt es damit und dadurch gegen jegliches Seiende ab, das nicht Mensch ist, gegen das Nicht-Mensch-Sein.
Vernunftbegabtes Lebewesen zu sein ist das Wesen, das Wassein des Menschen. Die Wesensaussage des Menschen lautet: der Mensch ist das vernunftbegabte Lebewesen. Genauer gesagt: der Mensch west nur dann als Mensch, wenn er als vernunftbegabtes Lebewesen west.“ Ebd. S. 55

Montag, 25. April 2005

Sprechen und Schweigen II

„...Durch das sprechende Mit-teil-en , das eigentlich der Annäherung dient, findet gleichzeitig ein Entfernen statt: Die Entfernung von dem Eigentlichen, welches als Ganzes im Innen verbleibt und die Entfernung von dem, der das Eigentliche empfangen soll, aber nur das Gesagte erhält.“ ...


Durch das Sprechen geht das Wesentliche des Ungeteilten verloren.

Das Ganze verbleibt vor dem Teilen durch die „Mitteilung“ im Unausgesprochenen.

Durch Mitteilen gibt es nur Annäherungen und Erreichen des Ähnlichen.

Ähnliches ist aber bloß Abglanz des Wahren.

Das Wahre scheint im Abglanz hindurch. Das Wahre (als) Sein bestimmt alles, was erscheint, somit auch das nur Ähnliche, worin es mitscheint.

Das Sein des Sprechens ist die Sprache, wenn sie nicht gesprochen wird. Somit ist das Sein der Sprache das Schweigen.

Alles Schweigende, das am Sprechen „mitkommt“ zeigt das Wesentliche (Wesen) des Mitgeteilten an. Wir müssen also das Schweigen des Sprechens hören lernen, um Sprache zu verstehen.

Im Schweigen kommt es zum Verstehen, wohingegen das Sprechen Missverständnisse birgt.

Mittwoch, 20. April 2005

Sprechen und Schweigen

Das Sprechen über die Dinge und Gefühle zeigt die Mittelbarkeit an, in welcher der Mensch steht. Der Mensch ist auf Mit – teil – ung angewiesen. Darin steht aber schon das „mit“ und das „teilen“.

Das „mit“ und „teilen“ zielt zum einen auf Gemeinsames – etwas gemeinsam erleben: Der andere soll das eine so empfinden wie man selbst. Dabei zeigt sich aber auch, wie in allen Dingen, der Unterschied zwischen „gleich“ (das Gleiche) und „identisch“ (das Selbe). Etwas mit-geteiltes Erlebtes kann nie das Selbe sein, sondern im Nachempfinden des anderen diesem nur gleichen.

sprechenschweigen1

Und das „mit“ und „teilen“ zeigt die „Mittelbarkeit“ und das „Geteilte“. Sobald etwas mitgeteilt wird, wird es aus der Einheit der eigenen (ganzen) Empfindung gerissen und durch das Medium des Mitteilens, die Sprache, geteilt. Dann steht hier im Innen noch das Ganze, welches in einem selbst verbleibt, als subjektive Erfahrung und Empfindung, und dort im Außen steht das davon geteilte Ausgesprochene, welches der andere vielleicht (und hoffentlich) gleich empfindet und nachvollziehen kann. Je „gleicher“ die Empfindung ist, desto vertrauter fühlt man sich.
(Irgendwann kann ein „gleich“ sich aber nicht weiter angleichen und dann „kippt“ es an einem kritischen Punkt wieder in ein „ungleich“ bzw. ungleicher werden. Das Selbe wird dabei nicht berührt und erreicht.)

Das ‚mit’ teilt das Ganze. So ist es in der Mitteilung zu anderen aber auch schon im eigenen Denken, da wir sprechend denken.
Die am leichtesten erkennbare Form hiervon ist das Selbstgespräch, von welchem manchmal ein paar Fetzen sich auch verlautbaren, (was dann – in ungünstiger Umgebung – dem Sprechenden auch peinlich sein kann.)

Durch das sprechende Mitteilen, das eigentlich dazu dient sich anzunähern, findet gleichzeitig ein Entfernen statt: Zum einen eine Entfernung von dem Eigentlichen, welches als Ganzes im Innen verbleibt und zum anderen die Entfernung von dem, der das Eigentliche ‚empfangen’ soll, aber nur das „Gesagte“ erhält.

Fortsetzung folgt...

Sonntag, 17. April 2005

Immer mehr Kinder durch Fernsehen entwicklungsgestört

.
Aktuell: Immer mehr Kinder durch Computer
und Fernsehen entwicklungsgestört
(klick)

Durch Fernsehen wird das Innen nach Außen verlagert. Der im Februar verstorbene Hirnforscher Detlef Linke (ich habe das Buch gerade nicht zu Hand, reiche Lit.-Angabe nach) vergleicht in seinem Buch „Kunst und Gehirn“ den Fernseher bzw. das Fernsehen mit der Art und Weise der Nahrungsaufnahme eines Seesterns. Seesterne stülpen ihren Magen über ihre Nahrung (Muscheln) und nehmen die Nahrung ‚außerhalb ihrer selbst’ auf.

Das, was früher die Mitte bildete (‚der Herd in der Küche’), ist jetzt durch den Fernseher ersetzt, nun flackert es dort.
In diesem Kasten findet sich anderes Inneres, welches aber (im) Außen ist!!
Und dieses Außen bildet wiederum Inneres.

Familienmitglieder schauen sich nicht mehr an - alle schauen in die gleiche Richtung, es wird weniger miteinander gesprochen – es werden die Worte anderer gehört, eigene Gedanken müssen nicht mehr formuliert werden. Je mehr ferngesehen wird, desto mehr wird man von sich selbst ab- bzw. weggelenkt und die Gegenwärtigung der eigenen Gefühle wird im Zuge dessen reduziert. Wer sich seiner Gefühle nicht mehr bewusst ist (sondern mehr über die anderer Bescheid weiß), ist von sich selbst entfernt.

Je mehr Fernsehbilder von Außen Raum einnehmen, desto weniger Bilder können im Innen entstehen. Fremde Bilder rauben der Phantasie den Platz, wenn es nicht zu einer Reflexion, einer angemessenen Verarbeitung kommt, die auch das eigene Bilderleben fördert und fordert. Eigene Bilder bedeuten inneren Reichtum, der Konsum von Außenbildern lässt verarmen, das Eigene (Selbst) wird veräußert.

Das Formulieren von Gedanken (innere Bilder) fördert den Kontakt zu sich selbst. Je weniger der Mensch in der Lage ist, Gefühle und Gedanken auch auszudrücken, desto fremder wird er sich selbst.

Diese Entfernung und Entfremdung von sich selbst kann auch psychologisch als Entwicklungsstörung bezeichnet werden.

Der Einfluss auf die Menge des Fernsehkonsums ist für Lehrende meist recht gering. Jedoch ist es ihre Aufgabe, den Kindern zu helfen, diese Außenbilder kritisch zu betrachten und zu reflektieren, so dass ihre Kraft unterstützt wird, ihr eigenes BildErleben zu entwickeln.

Ein Beispiel für die konstruktive Auseinandersetzung mit den „neuen Medien“ (so neu sind sie ja nicht mehr) findet sich hier:
Klaus Tschira Preis für Jugend-Software 2005

Donnerstag, 7. April 2005

Worte und Schwingungen

Worte sind Ausdruck von (neuronaler) Bewegung und sie wirken wiederum bewegend. Deshalb liegt es nahe, eine Untersuchung von Sprache mindestens auch in einem System durchzuführen, das Bewegungen analysiert.

Bei direkter Kommunikation können wir Worte eines Senders mit Hilfe der lautlichen Betonung und der Körpersprache interpretieren. Akustische Schwingungen werden über die gesprochene Sprache übermittelt. Jeder Mensch sagt zum Beispiel das Wort „Liebe“ mit unterschiedlicher ‚akustischer’ Schwingung, was nicht nur von seinen ‚Absichten’ abhängt.

„Die Klangfarbe ist der Charakter eines Tons. Sie bewirkt z.B., dass eine Flöte und ein Klavier unterschiedlich klingen, selbst wenn sie dieselbe Note spielen. Die meisten Klänge, die wir hören, sind eine komplexe Zusammensetzung unterschiedlicher Frequenzen und Intensitäten.“
http://www.bernafon.ch/eprise/main/Bernafon/com_de/SEC_AboutHearing/SoundAndHearing/CNT02_Timbre 3.1.05

Der unmittelbare Kontakt überträgt aber zusätzlich besondere Schwingungen, die nicht unbedingt bewusst erfasst werden, welche aber eine starke Wirkung auf die Stimmung des Empfängers haben können. Diese Stimmung reflektiert dann natürlich wiederum auch auf den Sender. (In einer Vorlesung können diese Schwingungen auch nur durch die Zuhörerschaft ausgelöst und untereinander weitergeleitet werden. Man denke auch die Lachkrämpfe während der Pflichtgottesdienste in der Konfirmandenzeit, usw.)
Diese Schwingungen sind auch nicht so leicht messbar, wie es zum Beispiel bei der akustischen Schwingung der Fall ist.

„Ein Gespräch lässt Informationen fließen, während Energien ausgetaucht werden, Wir verfügen über Erfahrungen darüber, dass Gespräche mit Menschen uns kräftigen bzw. verunsichern oder auch entkräften bzw. niedergeschlagen machen können. Wir können durch Kommunikation aufgeladen, aber auch völlig entladen werden. Kommunikation ist nicht einfach Austausch von Information, nicht nur bloßes Mitteilen, sondern im wesentlichen immer auch Erfahrung von Sein. Das Gespräch entwickelt in uns innovative Kräfte oder baut diese ab, es erzeugt Daseins-Energie oder reduziert diese. Jedes Gespräch enthält die Chance, eine Quelle der Kraft zu sein, die unsere körperliche, seelische und geistige Gesundheit fördert. Diese Quelle kann aber auch vergiftet werden und uns schaden. Kommunikation hat eine bioenergetische Funktion.“ W. Schmid: basic instinct, S. 79

Um sich dem zu nähern, was da unbewusst abläuft, ist es sinnvoll, eine Bestimmung von “Schwingung” vorzunehmen. Was ist also „Schwingung“?

Schwingung ist Energie und Information

Dieses, die „Schwingung“ bestimmende Wesentliche erinnert an die Urmonade, die als Einheit von Energie und Information bestimmt ist. „Urgrund des Seins und Werdens ist nun aber nicht der Punkt, sondern eine Urmonade, der durch die Eigenschaft der Einheit von Information und Energie alle Kräfte zukommen. Aus reiner Information entsteht Sein, das aus sich – rein denkend - ständig Seiendes erzeugt und so neue gestalterische Möglichkeiten hervorbringt. Weil dies analog für die reine Energie zutrifft, entwickeln sich Möglichkeiten durch das Werden zu Substanzen, die wiederum in den verschiedensten Formen zum Vorschein gelangen. Die Entwicklung von Phänomenen unterliegt zufälligen, spielerischen reinen Bewegungen.“ W. Schmid, S. 108

Wenn wir feststellen, dass während einer Begegnung auch Schwingungen miteinander ‚kommunizieren’, dann lässt sich ableiten, dass die oben beschriebene energetische Funktion eines Gespräches durch diese Schwingungen dann erfüllt wird, wenn durch sie „Neues“ entsteht. Wenn also durch das Wirken der Information auf die Energie („In-Form-bringen“ – siehe auch dazu mein Text „Information“) etwas ins Werden gelangt, also Seiendes erzeugt wird, dann hat die Schwingung „aufgeladen“. Dieser Prozess lässt sich mit verschiedenen Worten beschreiben: „Etwas aus sich herausbringen“, „etwas (er)schaffen“ oder „ins Werk setzen“.
Diese „unsichtbaren“ Schwingungen sind bezogen auf die Kommunikation vor allem dann hilfreich, wenn einem „die Worte fehlen“. Schwingungen antworten auch dann, wenn man ‚sprachlos’ ist. (Sie selbst sind meines Erachtens aber auch wiederum nur schwer sprachlich zu fassen.)

Nicht nur die zwischenmenschliche Kommunikation kann hier gemeint sein, sondern auch die „interhemisphärische“, dieses kann auch als Denken beschrieben werden. Denken ist immer ein „innerer Dialog“, dessen Erfolg man daran erkennt, ob man sich anschließend aufgeladen fühlt.

Wie in einem direkten Gespräch können Betonung, Gestik und Mimik und die „Schwingung“ in einem Text so nicht übermittelt werden. Rhetorische Mittel (Mittel!) stellen zwar einen Spielraum zur Verfügung, innerhalb dessen Grenzen der Autor bewusst vergleichbare Stimmungen beim Leser wecken kann, jedoch ist die Eindeutigkeit und die Anzahl der verfügbaren Mittel eingeschränkt. Schwingungen werden im Text im Gegensatz zu dem direkten Kontakt mittelbar übertragen. Sie sind zunächst nur intuitiv zu erfassen und können durch eine geeignete Analyse „sichtbar“ gemacht werden und damit mit anderen Schwingungen verglichen werden.

Samstag, 26. März 2005

Neurowissenschaft meets Lyrik

Der Mensch erlebt das jetzige Jetzt
Nur einen Dreisekundenaugenblick
Der nächste Ereignisinhalt hetzt
Den alten fort, ganz ohne Trick!


Ernst Pöppel beschreibt in „Grenzen des Bewusstseins“ auf sehr anschauliche Weise, wie „Natur“ sich in Gedichten zeigt bzw. zeigen kann.
Der Mensch ist in der Lage, einen Bewusstseinsinhalt maximal drei Sekunden zu „halten“. Danach wird dieser wieder von einem anderen abgelöst. Diese maximale Zeitspanne ist durch die neurophysiologischen Bedingungen nicht zu überschreiten. Ein Bewusstseinsinhalt ist das, was aus mehreren Ereignissen zu einer Einheit integriert wird. Diese eine Gestalt erleben Menschen bewusst und damit erleben sie auch das „Jetzt“. Bewusstsein ist immer ein Bewusstsein „von etwas“. (Der Mensch ist in der Lage, sich auch das Bewusstsein oder auch das „Jetzt“ selbst zum Gegenstand seines Bewusstseins zu machen.)
Der zeitliche Rahmen ist durch das formale Gegenwartsfenster vorgegeben, dieses ist nur drei Sekunden für diesen Inhalt geöffnet; danach wechselt der Aspekt.

„Nun gibt es einen Bereich, der nach Auffassung des Autors in wohl überzeugendster Weise demonstriert, dass unsere Sprache eingebettet ist in ein zeitliches Grundmuster von etwa drei Sekunden, da sie seiner Dauer der subjektiven Gegenwart, dem Jetzt entspricht – und das ist die Dichtkunst. Ermutigt, Beobachtungen aus der Dichtkunst für seine Argumente heranzuziehen, fühlt sich der Autor durch die Bemerkung Ernst Jüngers: ‚Das Gedicht gehört zum Wesen des Menschen, nicht zum Gepäck.’ [...]
Wem nie durch Liebe Leid geschah,
dem ward auch Lieb’ durch Lieb’ nicht nah;
Leid kommt wohl ohne Lieb allein,
Lieb’ kann nicht ohne Leiden sein.

(Gottfried von Straßburg)“
Ernst Pöppel: Grenzen des Bewusstseins Wie kommen wir zur Zeit, und wie entsteht Wirklichkeit? Frankfurt a.M. 2000, S. 85

Pöppel hat mehrere Gedichtsverse, auch in anderen Sprachen, empirisch auf dieses Drei- Sekundengrundmuster hin untersucht und festgestellt, dass i.d.R. dieses, zumindest beim Vortragen, nicht überschritten wird. (Das Vortragen einer Zeile dauert ca. drei Sekunden.)
Er vermutet für dieses universelle Phänomen einen ökonomischen Grund: Da der Mensch nicht in der Lage ist, über einen Zeitraum von drei Sekunden hinaus, Ereignisse zu einem Bewusstseinsinhalt zu vereinen, wird die Kommunikation wesentlich erleichtert und vereinfacht, wenn das Mitgeteilte sich auch in diesem zeitlichen Rahmen ‚befindet’. Des Weiteren wurde herausgefunden, dass nicht nur die Sprache des Gedichts diesem „Bewusstseinstempo“ angepasst ist, sondern auch die ganz normale Sprechsprache. Dies ist ein (weiteres) wichtiges Gegenargument dafür, dass in Veranstaltungen „abgelesen“ wird, da die Lesegeschwindigkeit das „Bewusstseinstempo“ in den meisten Fällen überschreitet.

„... Bestimmte Gesetzmäßigkeiten der menschlichen Zeitwahrnehmung wirken sich auf den dichterischen Schöpfungsakt aus. [... und] mit dem dichterischen Vers haben die Dichter eine Gestalt erfunden, die der formalen Struktur unseres Zeiterlebens am besten entspricht.“ Pöppel, 88
Das „Gegenwartsdichten“ ist ein Phänomen, bei dem sich das „Natürliche“ durch die Sprache zeigt. Das Dichten wird der formalen Bedingung, die durch die neurophysiologische Beschaffenheit unseres Gehirns gegeben ist, am effektivsten gerecht – für den Sprecher als auch für den Hörer. Wie sieht dies nun in Fließtexten aus? Kann man auch hier Analoges entdecken, einen bestimmten Rhythmus, der vom Gehirn vorgegeben wird? Würde man hier einen bestimmten Rhythmus entdecken, dann könnte man rückschließend auch etwas mehr über die „Melodie des Gehirns“ aussagen können.

Dienstag, 22. März 2005

Aber immerhin



„Aber immerhin, das Denken ist in der Lage, sich selber und seine Geschichte zum Gegenstand zu machen.“ (Linke, 89)

Um sich dem Wesen der Sprache zu nähern, muss zuvor eine Distanz zu ihr geschaffen werden, die als Voraussetzung es überhaupt erst ermöglicht, das Wesen zu erfassen.

Die Nähe des Subjektes zur Sprache ist bestimmt durch das, was das Subjekt in ihr oder durch sie findet. In dem man dichtet – und dies in einem doppelten Sinne, denn in dem Wort „dichtet“ liegt auch das Wort „Dichte“ – erfährt man durch die Sprache etwas über sich selbst.

Das Wesen der Sprache aber liegt nicht nur in den Bedeutungen der Zeichen verborgen, in welchen wir uns selbst spiegeln. Sprache, da Ausdruck und Mittel des Geistes zugleich, erhält ihr Wesen nicht erst durch uns, die wir sie gebrauchen. Ebenso wenig erfahren wir etwas über das Wesen der Liebe, nur weil wir meinen selbst zu lieben. (Natürlich ist die Erfahrung mit etwas immer hilfreich, wenn man sich auf die Suche nach dem wesentlich Bestimmenden macht.) Oft ist es jedoch auch so, dass die eigene Erfahrung eine genaue Aussage über etwas erschwert. Das Wesen ist intersubjektiv und muss unabhängig vom individuellen Betrachten oder Gebrauch bestimmt werden. Somit ist das Wesen mittelbar zu erfassen, da ein Mittel benötigt wird, um diese allgemein gültigen Eigenschaften zu beschreiben. Eines der Mittel ist die oben erwähnte Distanz.

„Paul Klee sprach von den zwei Bergen. Auf dem einen wohnen die Götter, die wissen, dass sie Wissen, auf dem anderen wohnen die Menschen, die wissen, dass sie nicht wissen. Dazwischen im Tal leben die Tiere, die nicht wissen, dass sie wissen. Für Paul Klee und auch für Roman Jakobson endete die Geschichte an dieser Stelle. Sie schrieben den Spruch des Sokrates, dass wir wissen, dass wir nicht wissen, noch fest. Die Menschen sind jedoch von den Bergen hinabgestiegen, um zu verstehen, warum die Tiere nicht wissen, dass sie wissen. Sie entdeckten, dass auch in den Gehirnen der Menschen Wissen war, von dem sie nicht gewusst hatten. Nun wussten sie, dass sie nicht wissen, aber auch, dass sie nicht wissen, dass sie wissen. Dieses Wissen fingen sie an zu verwalten, und so wussten sie dass sie wissen. Nun wussten die Menschen, dass sie wissen und dass sie nicht wissen, dass sie wissen und dass sie nicht wissen, dass sie wissen. Es war, als ob ihr Berg höher geworden wäre, aber dort hatten sie auch zu schweben begonnen und den Boden unter den Füßen verloren.“ (Linke, 93)

Je größer die Distanz ist, die man zu einem Gegenstand schafft, desto abstrakter wird zunächst das, was man betrachtet. Das Subjekt muss sich von dem Wahrgenommenen trennen und ohne gestaltendes „Sich Einmischen“ auf das schauen, was vor ihm liegt. „Entfernung“ zu etwas klärt oft den Blick für das Vorliegende, welches auf Grund von zu großer Dichte verschwommen erscheint. ‚Distanzierung’ machen sich aus diesem Grund auch einige Weltreligionen zu Nutze, wenn ihr Anliegen die Befreiung von dem Leiden oder aus dem Leid ist. Und die Philosophie zeigt einen Weg, wie die Dinge ohne Einfluss durch die Sinne zu ergründen sind. Als außenstehender Betrachter des Geschehens verhindert bzw. reduziert man so die Färbung der Wahrnehmung mit eigenen Erfahrungen und Gefühlen.

Natürlich wäre eine ‚ständige’ Aufrechterhaltung von Distanz zu den Dingen dem Erfassen ihres Wesens wiederum abträglich, da nur die Bezogenheit des Menschen auf anderes erst das Berührtsein von etwas ermöglicht.

Was bedeutet es, wenn man Distanz zur Sprache schafft? Sprache wird durch immer größeren Abstand zunächst abstrakter: Die Bedeutungen der einzelnen Wörter und Sätze und der Bedeutungszusammenhang treten in den Hintergrund und sind für diese Art und Weise der Betrachtung unwesentlich. Nicht das „Verstehen“ des Geschriebenen mit dem Anspruch das „wohl so und so Gemeinte“ nachzuvollziehen sind nun relevant. Es geht um das Erfassen der Strukturen, die dem Entworfenen zu Grunde liegen. Elemente der Sprache, am leichtesten im Text, weil dort manifestiert, lassen sich in ihren Beziehungen zueinander betrachten. (Das ist das Besondere an einem Text, weil sich zuvor geistig geschehende Bewegung dort manifestiert – und auch anderes, nämlich durch Lesen oder Hören, wieder bewegen kann!)

„In der gegenwärtigen Kunst, in der Malerei, gibt es genügend Bemühungen, in das Gemälde hinein Zeichen der Unvollständigkeit und des Darstellungscharakters hineinzugeben, anhand derer verdeutlicht werden kann, dass Vollendung eine Bewegung ist, die über das Bild hinausgeht.“ (Linke, 89)

Analog zur abstrakten Kunst erscheint der Text durch diese Betrachtungsweise nicht gegenständlich. In den Bildern dieser Kunst sind die bestimmten Strukturen das Werk Schaffende. Verbindungen zwischen Punkten, die Linien ergeben, Linien, die in auf bestimmte Art angeordnet sind, andere Elemente berühren oder andere Linien kreuzen usw. Beziehungen bestehen durch ordnende und ästhetische Kräfte: Eine Linie ergibt sich zum Beispiel durch einander zugeordnete und angleichende Punkte.



„Der Hauptantrieb der Kunst Klees ist die psychische Reaktion auf bestimmte Erlebnisse, und das Bild ist wie die seismographische Niederschrift dieser Reaktion. Bald wird mit diesen Symbolen nur ein breiteres Spiel getrieben, bald werden sie ins Ironische abgebogen, bald aber, und das ist der häufigste Fall, treten sie mit allen Zeichen des Angsthaften hervor. In Klees Garten wachsen viele sehr wenig harmlose Giftpflanzen! Ich glaube, wer alle Symbole Klees zu lesen verstünde, der würde unter der rein ästhetisch so ungemein genussvollen Oberfläche dieser Bilder das ganze Grauen unserer zerfallenen Zeit zutrage treten sehen [...]. Und man spürt, dass Klees Kunst fasst erregend gegenwärtig ist.“ (Sammlung Bürgi ... 224)

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rahelrath - 13. Nov, 22:09
schön
dieses Bild......
wfschmid - 13. Nov, 18:09
und mit soviel begeisterung:)
und mit soviel begeisterung:)
Imke-Hinrichsen - 11. Nov, 20:32
:-) Er macht das doch...
:-) Er macht das doch echt gut, irgendwie ist er so...
rahelrath - 11. Nov, 15:59

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