Samstag, 2. Juli 2005

Weltanschauung I

Dem Denken nicht mehr mächtig, gestalten wir das, was wir wahrnehmen, entsprechend den uns zur Verfügung stehenden Schubladen, welche auf Grund von Erziehung und Bildung entstanden und geformt sind. Wir wurden nicht (und heute werden es Schüler immer noch nicht) mit dem Werkzeug ausgestattet, das wir benötigen, um uns wenigstens selbst unsere Schubladen zu zimmern. Nein, die Schubladen werden gleich – fertig geliefert – in uns hineingeschoben, damit die Welt um uns herum nicht auf uns einstürzt, sondern gleich ordentlich verpackt werden kann. Die Lehrenden, welche uns diese Orientierungsschubladen zur Verfügung stellen, haben manchmal einige Probleme, da diese Schubladen nicht immer passen. Dann wird geschliffen, geschmirgelt und gefeilt. Im schlimmsten Fall muss man auch mal mit dem Hammer ran. (Tipp: Das Kind merkt davon nicht soviel, wenn man ihm vorher ein paar Ritalin zukommen lässt.) Zudem sind die Lehrenden selbst meistens nicht in der Lage, Werkzeuge des Denkens anzuwenden, deshalb sind sie auf Schmirgelpapier, Feile und Hammer angewiesen. Denken hat mit Schubladen nichts zu tun. Schubladen sind durch bestimmte Aussagen gekennzeichnet. „Man muss doch alle auf einen Lernstand bringen“, „Man muss doch irgendeine Kontrolle haben“, „Man muss doch ....“.


httpwww.3d-dali.comTourgiraffe.htm.jpg

Haben wir durch entsprechenden Unterricht ausreichende Schubladen eingeschoben bekommen, können wir die Welt dann anschauen. Und wir werden nur noch das sehen, was in eine unserer Schubladen passen könnte. Das sind vor allem die zweckdienlichen, nützlichen (und technischen) Sachen. Denn auf den Nutzen wird viel Wert gelegt.
Mit dem, was uns nicht vertraut ist, können wir nichts anfangen. Da wir auch nicht gelernt haben, eigene Fenster zu schaffen – oder diese offen zu halten, reduziert sich die Welt um uns herum auf das nützliche Minimum. Menschen, die „’zu’anders“ sind, werden gemieden; was nicht einsortiert werden kann, macht Angst: „Wohin damit? Ne, lieber nicht, da entsteht nur Unordnung!“
Die „Weltanschauung“ ist dadurch gekennzeichnet, dass sie Grenzen hat und die Freiheit fürchtet. Und sie zeigt sich durch die Unterscheidung von richtig und falsch. Die Weltanschauung ist der Blick eines Menschen, der selbst keine „Haltung“ hat, sondern von einem Schubladensystem zusammen- und aufrecht gehalten wird. Wo nicht das eigene Denken das Dasein bestimmt, sondern fremde Vorgaben, nur dort kann auch etwas irgendwann einmal zusammenbrechen.

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rahelrath - 2. Jul, 18:01


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und mit soviel begeisterung:)
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