Mittwoch, 1. Juni 2005

Das Einzelne im Fluss des Werdens

(Reflexion auf die Vorlesung am 31.5. von Wolfgang Schmid)

„Jede Erkenntnis ist ein Produkt von zweierlei Faktoren, von empirischen und rationalen.
Gäbe es keine Außenwelt und keine Erfahrung, so wäre Erkenntnis so wenig möglich wie ohne eine bestimmte Vernunftausstattung des erkennenden Subjekts“ Friedlein: Kant, in: Geschichte der Philosophie Berlin 1992, 225

Theorie ist das Sehen von Möglichkeiten, die verwirklicht werden können. Theorie ist beispielsweise in Bezug auf die Pädagogik die geistige Vorwegnahme dessen, was durchgeführt (Praxis) werden soll. War bei Platon noch Theorie und Praxis in eins (ganzheitlich) gedacht, so wird dies von Aristoteles aufgrund fehlender Beweise abgelehnt. Er trennt zwischen beiden:

Theoretische Wissenschaften untersuchen ‚das, was nicht anders sein kann’, und fragen schlicht nach der Wahrheit. [Physik: Gegenstände mit eigenständiger Existenz und der Tendenz zur Veränderung, Mathematik: unveränderlich, aber ohne selbstständige Existenz, Metaphysik: selbstständig Existierendes, zugleich unveränderlich; Anm.]
Die praktischen Wissenschaften beschäftigen sich mit dem, ‚was anders sein kann’. Sie zielen letztlich darauf ab, Anleitungen zum Handeln zu geben [Ethik, Politik; Anm.].“ (Philosophie Lexikon. Hrsg.: Anton Hügli, Poul Lübcke: Aristoteles, Rowohlt, Hamburg 1991, S.53)

Das Trennen von Theorie und Praxis führt zu einem Spalt, der wieder überbrückt werden muss. Dieser Spalt, der sich auch zu leicht in Gestalt einer Schlucht zeigen kann, ist nicht nur ein äußerer, sondern wird auch, durch den ständigen Zwang zum Überqueren, mit der Zeit ein innerer. Der Mensch ist gezwungen aus der Ganzheitlichkeit des Lebens herauszutreten und das Leben anhand von Modellen zu verstehen. Aristoteles „betrachtet nicht mehr das Werden als Ursache und Grund allen Seins [...damit] löst sich die Philosophie von den eingegangenen Verbindlichkeiten mit der Natur und begründet ihren Gegenstandsbereich unabhängig von allem Werden“ (W. F. Schmid: Begriffskalender auf www.wolfgang-schmid.de, 30.Mai 05)

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„Bezeichnend für dieses Werk [„Physik“; Anm.] ist, dass es im Gegensatz zur vorsokratischen Naturphilosophie nicht die Natur in ihrer Ganzheit zu erklären sucht; statt dessen will es eine Theorie der veränderlichen Einzeldinge entwickeln. Die Vorstellung von Natur als allumfassender Zusammenhang [...] in der die Dinge nur Momente sind, ist von Grund auf unaristotelisch. Wenn A. über Veränderung spricht, denkt er deshalb weder an kosmische Bewegung noch an ein anderes abstraktes Werden ‚an sich selbst’, sondern an etwas Konkretes, das zu diesem oder jenem wird.“ (Philosophie Lexikon: ebd.)

Aristoteles entwickelte eine Wissenschaft (bzw. die Einzelwissenschaften), innerhalb derer alles geordnet durch Systeme und Strukturen formelhaft dargestellt werden kann.

Durch das Betrachen einer einzelnen Wahrnehmung (z.B. eines Schülers), indem er auf einzelne wichtige Merkmale reduziert wird, können dann durch Beobachtung dieser Zusammenhänge festgestellt werden; dann kann ein Begriff vom Schüler formuliert werden, nachdem ein Experiment diese Zusammenhänge bewiesen hat.

Um ein Kind ihm selbst gemäß fordern und fördern zu können, dazu helfen aber keine Schablonen oder Ausschnitte. Nur das ganzheitlich-intuitive Erfassen seiner Möglichkeiten, welches durch „Schauen“ erreicht wird, hilft die richtige (praktische) Umsetzung zu wählen.

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